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„Vike“ – der Name klingt vielen Bewohnern des Kärntner Unterlandes wie auch manchem Schmalspurbahnfreund noch heute wie Musik in den Ohren. Woher rührt der merkwürdige Rufname, vom ersten Lokführer – er hieß Viktor – oder von einem Fuhrmann namens „Vike“ mit dem schnellsten Gespann weit und breit?
Die Entstehung der 17 km langen, von der Südbahnlinie Klagenfurt – Bleiburg abzweigenden Strecke mit 760 mm Spurweite geht zurück auf die Holzwirtschaft und die Zellstoffindustrie im oberen Vellachtal. Die Rechberger Zellulose- und Papierfabrik benötigte die Bahn für den Bezug der Rohstoffe und den Versand der Produkte, für Graf Thurn-Valsassina in Eisenkappel war eine rationelle Abfuhr der reichen Holzvorkommen höchst lukrativ und das Kühnsdorfer Sägewerk Leitgeb war auf einen günstigen Bezug des im Karawankengebiet geschlägerten Holzes angewiesen. Dabei war das Bahnprojekt keineswegs unumstritten, einige Ortschaften wehrten sich entschieden dagegen, einen Bahnbau hielten sie für völlig nutzlos, ja sogar schädlich. Dem „Exekutiv-Comité“ gelang es aber, die „mysteriösen Intrigen“ verstummen zu lassen, die Finanzierung zu sichern und am 17. Februar 1900 die „Allerhöchste Conzession zum Bau und Betrieb der schmalspurigen Localbahn Kühnsdorf – Eisenkappel“ zu erlangen. Sogleich gründete es eine Aktiengesellschaft, übertrug den k.k. Österreichischen Staatsbahnen die Betriebsführung und beauftragte die Firma Stern & Hafferl mit dem Bau, dann geschahvorerst nichts. Erst anderthalb Jahre später liefen
die Arbeiten an und am 5. Oktober 1902 konnte die Eisenkappler Bahn in „eigentümlich berührender Stille“, wie es hieß, eröffnet werden.
Selbst einstige Gegner lernten die neue Bahn zu schätzen, denn der ab 1903 von der k.k. priv. Südbahn verwaltete „Vike“ trug maßgeblich zur Entwicklung des Vellachtals bei: Er erleichterte den Anwohnern den Weg zur Schule, zur Arbeit oder in die Bezirksstadt, war der Forst-, Vieh- und Landwirtschaft zu Diensten, vor allem aber lebte er von der Zellstoff- und Papierfabrik Rechberg, deren Konjunkturschwankungen und Schicksalsschlägen er vollends ausgeliefert war. Hierzu gehörten auch die Hochwasserkatastrophen, die das Tal und damit die Fabrik- und Bahnanlagen oftmals verwüsteten. Ein großes Manko waren die zwei kleinen Lokomotiven, die den hohen Frachtanfall kaum bewältigen konnten. Abhilfe kam nach dem Übergang der Betriebsführung an die BBÖ, die einen mächtigen E-Kuppler beschaff-
ten und den Rollwagenbetrieb aufnahmen.
Mit der Verstaatlichung wurde „Vike“ im Jahr 1931 endgültig Teil der BBÖ bzw. ab 1938 der DRB, in deren Ära er auch unter Luftangriffen zu leiden hatte. Nach 1945 ruhte der Betrieb für lange Zeit, jedoch mit dem Wiederaufbau ab 1950 ging es bergauf, die Schleppbahnen wurden erweitert, der Wagenbestand aufgestockt und kräftige D-Kuppler der Kriegsbauart KDL 11 bespannten die immer länger werdenden Züge. Die Straßenkonkurrenz machte der Schmalspurbahn zu schaffen. Eine Dachlawine war am 16. Januar 1965 der aus Sicht der Österreichischen Bundesbahnen willkommene Anlaß, den Personenverkehr fortan mit Autobussen abzuwickeln. Im Juni 1966 war es ebenso um den Abschnitt Rechberg – Eisenkappel geschehen. Dank der schlechten Straßenzustände bekam „Vike“ eine Gnadenfrist, bot er doch die Möglichkeit, die im Zellulosewerk benötigten Laugen relativ sicher zu transportieren, wenn auch zuletzt nur mit 10 km/h. Im Jahr 1969 verdoppelte sich die Tonnage, kräftige Stütztenderlokomotiven der Reihe 399 halfen aus. Landesweit wurde hitzig über das Schicksal der Vellachtalbahn diskutiert, am 22. Mai 1971 mußte die Bevölkerung jedoch von „ihrem Vike“ wehmütig Abschied nehmen.
Begeben wir uns zurück in eine Epoche, als „Vike“ dem Vellachtal das Tor zur „großen weiten Welt“ öffnete und er für die Wirtschaft unerläßlich war. Alles einsteigen bitte!
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