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Der Obus bedient im Raum Solingen die Hauptachsen des öffentlichen Nahverkehrs und gehört seit Jahrzehnten zum Straßenbild. Die Stadt nimmt hierbei in Deutschland eine Sonderstellung ein, außer ihr sind nur Eberswalde und Esslingen (Neckar) dem Oberleitungsbus treu geblieben, welcher nach dem 2. Weltkrieg vielerorts die Straßenbahn ablöste. Daß das „Stangentaxi“ hier überlebte, hängt auch damit zusammen, daß es im Verkehrsnetz keinesfalls nur eine Nebenrolle spielt, sondern mit rund 98 km Streckenlänge und 53 Obussen auf sechs Linien längst zum Hauptverkehrsmittel avanciert ist.
Die Ursprünge gehen zurück auf die Straßenbahn, die erstmals 1897 durch Solinger Straßen fuhr und auch einige ihrerzeit noch eigenständige Nachbargemeinden wie Ohligs oder Vohwinkel bediente. Der in Kreis- und Stadtbahn gegliederte Straßenbahnbetrieb bediente etwa jene Strecken, auf denen heutzutage der Obus verkehrt. Nach den Zerstörungen vom Herbst 1944, als das Stadtzentrum weitgehend in Schutt und Asche lag, gelang es nur mühsam, die Straßenbahn wieder flott zu machen und zu modernisieren. Aber sie litt an langen eingleisigen Strecken, die nur eine mäßige Fahrgeschwindigkeit erlaubten. Technische Mängel und schwere Unfälle ließen die Erkenntnis reifen, daß die Straßenbahn nicht mehr haltbar war. Schließlich entschied sich der Stadtrat für ein anderes elektrisches Verkehrsmittel, nämlich den Obus mit dem hohen Beschleunigungsvermögen.
Beginnend mit dem Ring über Ohligs wurde die Straßenbahn ab 1952 schrittweise auf Obusbetrieb umgestellt.
Mittlerweile hat sich das Solinger Obusnetz in den vergangenen 67 Jahren bestens bewährt. Mit den Strecken zur Hasselstraße und nach Aufderhöhe dehnte es sich in den 80er und 90er Jahren gar über das einstige Straßenbahnnetz hinaus aus. Während nunmehr die vierte Fahrzeuggeneration im Dienst steht, gibt es nach vielfachen Diskussionen über den Beibehalt des elektrischen Netzes immer
wieder neue, sehr interessante Entwicklungen. Seit 2009 fahren auf der Linie 683 die „Swisstrolleys“ mit starkem Dieselzusatzantrieb über die alten Endstellen in Vohwinkel und Burg hinaus, wohin sich kein Fahrdraht verlegen ließ. Seit 2018 gibt es als Pilotprojekt die Batterie-Oberleitungs-Busse (BOB), die zum Teil die Fahrleitung nutzen, zum Teil aber auch Linien ohne Fahrdraht bedienen. Mit
netzübergreifenden Technologien ist der Solinger Obus in eine in Anbetracht der immer wichtiger werdenden Elektromobilität zukunftsweisende Phase getreten.
Neben 62 Jahren Straßenbahn- und 67 Jahren Obusgeschichte widmet sich dieses Buch auch dem Engagement des im Jahr 1999 gebildeten Obus-Museum Solingen e.V., der sich um den Erhalt historischer Obusse bemüht und mit ihnen interessante Sonderfahrten anbietet. |