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Nach der ausgiebigen Schilderung des Fahrzeugparks des Rügenschen Schmalspurnetzes geht es nun um die Charakteristik der einzelnen Strecken sowie um die Eigenheiten, Bedeutungen und baulichen Entwicklungen der vielfältigen Stationen – dokumentiert und garniert mit zahlreichen Szenen aus dem Betriebsalltag, mit fotografischen und zeichnerischen Übersichten der Anlagen und letztlich mit einer Menge Lokalkolorit.
Wir beginnen unsere Kleinbahnreise in Altefähr, dem Tor zur Insel Rügen und einst der Ausgangspunkt der Südstrecke nach Putbus. Der etwa 35 km lange Abschnitt mit seinen wichtigsten Zwischenstationen Poseritz, Puddemin, Garz und Ketelshagen erschloß eine landwirtschaftlich geprägte Gegend und verzeichnete auch aufgrund umfangreicher Kreide- und Kohletransporte bis zuletzt ein beachtliches Frachtaufkommen. Die Fahrgäste mußten demnach in den gemischten Zügen mit langen Rangieraufenthalten eine Fahrzeit von über zwei Stunden für die Gesamtstrecke hinnehmen – aber man hatte ja Zeit. Der Deutschen Reichsbahn war diese Beschaulichkeit jedoch ein Dorn im Auge: So kam bereits im Herbst 1967 das Ende für die Südstrecke.
Ebenso längst Geschichte ist die knapp 38 km lange Nordstrecke von Bergen nach Altenkirchen, dem seinerzeit nördlichsten Bahnhof der Deutschen Reichsbahn. Die legendäre Wittower Fähre, ein Kleinbahntrajekt über den Rassower Strom, lockte in den 60er Jahren zahllose Eisenbahnfreunde aus Nah und Fern an. Wie auf der Südstrecke überwog hier wiederum der Güterverkehr, vorwiegend in den Bahnhöfen Trent, Wiek und Altenkirchen, aber auch in den vielen kleineren Stationen, von denen etliche zur Kleinbahn- und teils noch zur Reichsbahnzeit einen Feldbahnanschluß zu landwirtschaftlichen Anwesen besaßen. Einen Umschlag zwischen Schiff und Kleinbahn gab es in Wiek sowie zeitweise am Bollwerk in Wittower Fähre. In den 60er Jahren war auch die marode Nordstrecke für die DR nicht mehr zu halten: Im Sommer 1968 führte eine Kollision mit einem Traktor zum vorzeitigen Aus des nördlichen Teils Fährhof – Altenkirchen und im Dezember 1969 brachten heftige Schneeverwehungen gleichfalls die Strecke Bergen – Wittower Fähre endgültig zum Erliegen.
Besser erging es der 1895-99 etappenweise erbauten, gut 24 km langen Bäderstrecke Putbus – Göhren, heute als „Rasender Roland“ weit bekannt. Sie trug maßgeblich zum Aufschwung der Badeorte Binz, Sellin, Baabe und Putbus bei und verzeichnet seit jeher zur Badesaison ein beträchtliches Fahrgastaufkommen. Geräumige vierachsige Reisezugwagen sowie einige Jahre lang auch komfortable Speisewagen boten dem Publikum zur Kleinbahnzeit ein besonderes Reisegefühl. Wichtige Aufgaben erfüllte die Bahn daneben mit der Beförderung von Expreßgut, Gepäck und Versorgungsgütern, vor allem Kohle. Nach der Einstellung des Güterverkehrs im Jahr 1967 wollte sich die DR in den 70er Jahren auch von der Bäderbahn trennen, aber dank der Initiative vorwiegend von Eisenbahnern und Eisenbahnfreunden wurde der Rasende Roland unter Denkmalschutz gestellt und samt seiner Fahrzeuge grundsaniert. Nach wechselvollen Nachwendejahren fährt er als Rügensche BäderBahn (RüBB) unter dem Dach der in Jöhstadt ansässigen PRESS nun einer hoffnungsvollen Zukunft entgegen.
Betrieblich eng mit dem Rü.K.B.-Netz verbunden war die staatliche Nebenbahn von Bergen über Putbus nach Lauterbach. Sogar Fernzüge kamen nach Putbus, wo die Reisenden Anschluß an die Kleinbahnzüge zu den Badeorten hatten. Für den Regelverkehr ist heute ebenso die PRESS zuständig, außerdem fahren die Schmalspurzüge im Sommer auf dem Dreischienengleis bis zum neuen Haltepunkt Lauterbach Mole.
Alles einsteigen bitte! |